Quarantäne II

Charité – am Anfang war die Pest | Die Charité ist derzeit in aller Munde. Der bekannteste Virologe Deutschlands, Christian Drosten, hat dort sein Institut. Unter der Leitung der Charité werden die deutschen Universitätskliniken im Kampf gegen das Coronavirus vernetzt. Weniger bekannt ist, dass die Charité selbst ihre Existenz einer Seuche verdankt, der Pest.

Schaut man sich diese frühe Ansicht der Charité genauer an, fällt eines auf – das Gebäude steht mitten auf dem Feld, darum herum nur grüne Wiese. Und das kam so: Ab 1708 verdichteten sich in Berlin die Hinweise, dass in nordöstlichen Bezirken Preußens wieder einmal die Pest durch die Lande zog und ihre Verwüstungen anrichtete. Man tat, was sich seit dem späten Mittelalter bewährt hatte: Ein Pestreglement wurde erlassen, das die Schließung von Einrichtungen für größere Zusammenkünfte erlaubte – vor allem Gast-, Wirts- und Zunfthäuser. Zudem verriegelte Berlin die Stadttore, mochte aber Handel und Wandel nicht gänzlich zum Erliegen bringen. Schließlich war man seit knapp 10 Jahren Königssitz und wollte was werden in der Welt. Dazu aber brauchte man die Welt, dies jedoch nur kontrolliert und wohl dosiert.

So erging der Beschluss, dass im Nordwesten, draußen vor dem Spandauer Tor, an einem kleinen Zufluss der Spree – der Panke – eine Quarantänestation, genauer, ein „Pesthaus”, errichtet werden sollte. Alle Personen, die um Einlass in die Stadt bitten würden, sollten darin zunächst für eine gewisse Zeit unter Beobachtung gestellt werden. Erst wenn sich keine Krankheitszeichen – Fieber, Husten oder gar die gefürchteten Beulen in der Leiste – zeigten, wäre Zutritt gewährt worden.

Wäre! Denn die Stadt hatte Glück. Das Pesthaus war 1710 fertig gebaut, zweistöckig im Geviert, doch die Pest blieb aus. Bald schon wurde das Gemäuer mit Armen, Alten und Gebrechlichen aus Berlin gefüllt. Das Berliner Armenkrankenhaus, 1727 vom König selbst „Charité“ benannt, versorgte sich für lange Zeit zu weiten Teilen selbst. Es unterhielt eigene Gärten und Stallungen, und es braute ein eigenes Bier. Ab 1810 wurde daraus – mehrfach umgebaut – das bis heute bekannte deutsche Universitätsklinikum.

Autor:
Prof. Dr. Thomas Schnalke
Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité
Charitéplatz 1
10117 Berlin
www.bmm-charite.de
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Literatur:
- Johanna Bleker und Volker Hess (Hrsg.): Die Charité. Geschichte(n) eines Krankenhauses. Berlin 2010
- Petra Lennig: Die Berliner Charité. Schlaglichter aus 3 Jahrhunderten. Berlin 2008

Veröffentlicht am 9.4.2020 als Beitrag für die Galerie Covid-19 & History

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