Prävention III

So hübsch kann ein Abwehrmittel gegen die Pest aussehen! Dabei sollten solche „Pomander“ nicht nur die Augen, sondern vor allem die Nase ansprechen. Man füllte sie mit Duftstoffen, um sich vor ansteckenden Krankheiten zu schützen.

Heute erklären wir uns Infektionskrankheiten durch Viren und Bakterien. Doch dieses Wissen hat sich erst in den letzten 150 Jahren langsam entwickelt. Früher war man der Überzeugung, dass ansteckende Krankheiten durch üble Gerüche, giftige Dämpfe und verdorbene Luft Verbreitung finden. Ja, man sprach geradezu vom „Pesthauch“, der die Krankheit weiter trägt. Zudem verursachen Infektionen oft genug stinkende Geschwüre. Die Redewendung, dass etwas „stinkt wie die Pest“ kommt nicht von ungefähr. Deswegen empfahlen die Ärzte, dem Pesthauch und dem Gestank der Krankheit starke Gerüche entgegenzusetzen.

Mussten sich die einfachen Menschen mit heimischen Gewürzen und Kräutern begnügen, war für Klerus, Adel und reiche Kaufmannschaft hier nur das Beste gut genug. Die dafür passenden, stark duftenden Substanzen kamen aus fernen, exotischen Ländern und wurden oft mit Gold aufgewogen. Pflanzliche Stoffe wie Muskat, Nelken, oder Zimt wären hier zu nennen, aber auch Ambra, eine Substanz aus dem Verdauungstrakt von Pottwalen. Diese wertvollen Waren hatten in der Regel lange Handelswege hinter sich. Namen wie die Weihrauchstraße vom Jemen bis zur Mittelmeerküste erinnern noch heute daran.

Der abgebildete Pomander ist so ein Prophylaktikum des 16. Jahrhunderts. Hier wurde ein zähes pastöses Wachs mit kostbaren Duftstoffen zu einer Kugel geformt und auf einen Stab aufgeknetet. Die silberne Filigranummantelung ließ den Duft gut verströmen. Mit der daran hängenden Kette konnte der Pomander bequem am Hals getragen werden. In kritischen Situationen hielt man sich die Duftkugel rasch unter die Nase. Das Spektakuläre an diesem Exemplar: Hier ist der historische Duftstoff noch enthalten. Und er verströmt immer noch einen zarten balsamischen Geruch!

Noch ein Hinweis für die LeserInnen aus Ingolstadt: Auf der Rückseite des Münsteraltars kann man einen Pomander entdecken, und zwar bei dem Bild des Heiligen Antonius. Der Münchner Hofmaler Hans Millich (1572) hat den Heiligen im Scriptorium sitzend dargestellt. Vor ihm auf dem Tisch liegt neben Tintenfass und Sandstreubüchse eine rote Gebetsschnur mit einem goldenen Pomander.

Autor:
Dr. Dr. Heiner Meininghaus, Ingolstadt
Mitglied des Kuratoriums der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Deutschen Medizinhistorischen Museums Ingolstadt e.V.

Literatur:
- Meininghaus, Heiner und Christa Habrich: Aromata. Düfte und edle Flakons aus fünf Jahrhunderten. Stuttgart 1998 (= Kataloge des Deutschen Medizinhistorischen Museums Ingolstadt 15)
- Meininghaus, Heiner: Muskatreiben und Pomander für edel Gewürze. In. Weltkunst vom 15.11.2001, S. 2220f.

Veröffentlicht am 26.4.2020 als Beitrag für die Galerie Covid-19 & History

Anatomiestraße 18 – 20 · 85049 Ingolstadt · (0841) 305-2860 · Fax -2866 · E-Mail: dmm@ingolstadt.de