Kommunikation III

Kommunikation von Forschung mit analogen Mitteln | „rki“ – es gibt wohl kaum jemanden, der diese Abkürzung in den letzten Wochen nicht gehört (oder vielleicht selbst in eine Suchmaschine eingetippt) hätte. Sie steht für „Robert Koch-Institut“, die zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention. Der rki-Präsident Professor Dr. Lothar H. Wieler ist seit Beginn der Corona-Pandemie regelmäßig im Fernsehen zu sehen. Damit ist er nicht alleine. MikrobiologInnen, VirologInnen und andere Fachleute in Sachen Infektionsforschung erleben derzeit eine ungeahnte Popularität. Doch auch dieses Phänomen ist nicht ganz neu. Nur waren die Formen der Kommunikation früher andere. Das Bild berühmter Forscher wurde früher nicht durch Fernsehtalks, Blogs oder Videoclips vermittelt, sondern auf sehr viel handfestere Weise: zum Beispiel durch naturalistisch geformte Wachsbüsten wie diese hier. Sie zeigt Robert Koch – mit ungewohnt lässiger Haar- und Baartracht – unter einem Glassturz. Vermutlich wurde die Büste einst in einem Panoptikum zur Schau gestellt.

Robert Koch (1843-1910), der auf der Beschriftung der Glashaube etwas großspurig als “Vater der modernen Medizin“ vorgestellt wird, war seinen Zeitgenossen eher als „Vater der Mikroben“ bekannt. Ein solcher war er aber sicherlich. Mikrophotographie und selektive Färbung von Bakterien, feste Nährböden, die Petrischale, methodisch strenge Tierexperimente und manches mehr: Er und seine Mitarbeiter legten ab 1876 die Grundlagen der modernen medizinischen Bakteriologie. Zunächst alleine als experimentierender Landarzt, später dann am Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin, danach an der Berliner Universität und schließlich, ab 1891, als erster Direktor des Institutes, das heute seinen Namen trägt, war Koch einer der bekanntesten Wissenschaftler seiner Zeit.

Seinen Ruhm verdankte er dabei weniger den experimentellen Methoden als dem Umstand, dass er mit ihrer Hilfe zum Mikrobenjäger seiner Zeit schlechthin wurde. Durch den 1876 geglückten Nachweis des Bazillus anthracis als Erreger des Milzbrands wurde Deutschlands profiliertester Botaniker, Ferdinand Cohn (1828-1898) aus Breslau, auf ihn aufmerksam. 1882, am Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin, gelang ihm der Nachweis des Erregers der Tuberkulose, eine wissenschaftliche Sensation. Zwei Jahre später identifizierte er den Erreger der Cholera, seinerzeit als „Kommabazillus“ bekannt. Berlin stand Kopf, Koch bekam eine Kaiseraudienz und erhielt einen Kriegsorden!

Warum aber machten ihn seine Erregerjagden so berühmt? „In Zukunft wird man es im Kampf gegen diese schreckliche Plage des Menschengeschlechts nicht mehr mit einem unbestimmten etwas, sondern mit einem fassbaren Parasiten zu tun haben“, formulierte er 1882 mit Blick auf den Tuberkelbazillus. Koch und seine Zeitgenossen teilten den Glauben, mit der Kenntnis des Erregers genug über die Krankheit zu wissen, um sie zu besiegen. Dass die Dinge so einfach nicht sind, erfahren wir heute schmerzlich am Beispiel des SARS-CoV-2. Die Kenntnis des Erregers ist nützlich, keine Frage. Aber bis zu Impfstoff oder Therapie kann es lange dauern. Faktisch vergingen von Kochs Entdeckung des Tuberkelbazillus bis zu einem wirksamen Heilmittel gegen Tuberkulose, dem Streptomycin, über 50 Jahre! Hoffentlich geht es dieses Mal schneller.

Autor:
Prof. Dr. Christoph Gradmann
Institute of Health and Society
University of Oslo / Norwegen

Literatur:
Gradmann, Christoph. Krankheit Im Labor. Robert Koch und Die Medizinische Bakteriologie. Göttingen 2005

Veröffentlicht am 18.4.2020 als Beitrag für die Galerie Covid-19 & History

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