Arzneipflanzengarten

Der „Hortus medicus" gehörte bei den Planungen für das 1723 errichtete Anatomiegebäude von Anfang an dazu. Hier sollten die Medizinstudenten in Botanik und Arzneimittellehre unterrichtet werden. 1992 wurde diese Tradition mit der Anlage eines große Arzneipflanzengartens und eines Duft- und Tastgartens wiederbelebt. Seit 2016 bietet das liebevoll geführte Museumscafé hortus medicus die Möglichkeit, die wunderbare Stimmung des Gartens bei einer Tasse Kaffee zu genießen.
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Die Vision der Professoren
Der Kupferstich aus dem Jahr 1723 zeigt den „Hortus academico-medicus Ingolstadiensis", den „Akademisch-medizinischen Garten in Ingolstadt”. Zumindest steht das so auf dem Spruchband. Nur: Das Gebäude und den Garten gab es damals noch gar nicht. Im Jahr 1723 war gerade erst der Grundstein dafür gelegt worden. Der Studienbetrieb wurde erst zwölf Jahre später aufgenommen. Es handelt sich  hier vielmehr um einen Werbeprospekt, der von den Ingolstädter Professoren in Auftrag gegeben wurde, um Sponsoren und Studenten zu aquirieren.

Der Plan des Gärtners
Der akademische Garten war nicht für Repräsentationszwecke angelegt, sondern für den Unterricht. Der vom Gärtner Veit Bertele gezeichnete Plan von 1783 zeigt das sehr deutlich: Der Garten war gegliedert wie ein Nutzgarten, mit schlichten rechteckigen Beeten. Wie in einer tabellarischen Übersicht waren die Pflanzen hier nach dem jeweils gültigen botanischen System angeordnet. Die nicht frostharten Kübelgewächse wurden zuerst im Erdgeschoss des Anatomiegebäudes überwintert, später leistete man sich ein Glashaus, in dem auch exotische Gewächse kultiviert werden konnten.

Private Nutzung
Als nach dem Wegzug der Bayerischen Landesuniversität im Jahr 1800 das Anatomiegebäude geräumt und später anderen Nutzungen zugeführt wurde, war das Schicksal des Gartens ebenfalls besiegelt. Das Gelände ging in Privatbesitz über und wurde als Stadtgarten und Streuobstwiese bewirtschaftet.

Museumsgarten
1973 brachte die Renovierung des Gebäudes auch eine Wiederbelebung für den botanischen Garten, der als lebendiger Teil des Museums von Anfang an in die Planungen einbezogen war. Zunächst wurde auf einem kleinen Teil des Grundstücks, das dem neu gegründeten Museum zur Verfügung stand, ein Arzneipflanzengarten angelegt. Einige Jahre später erfolgte eine erste Erweiterung. Nun umschlossen die Heilpflanzen in Rabattenform vier große, spiegelbildliche Rasenflächen.

Neuanlage zur Landesgartenschau
Im Vorfeld der Bayerischen Landesgartenschau in Ingolstadt 1992 wurde unter jungen Landschaftsarchitekten ein Wettbewerb für die Neuanlage des Gartens ausgerichtet. Umgesetzt wurde der Plan von Michael Palm und Thomas Class (Weinheim), der die Architektur des barocken Gebäudes und die wissenschaftliche Nutzung am besten berücksichtigte.

Bepflanzungskonzept
Auf ornamentalen, von Buchsbaumhecken eingefassten Flächen sind einzelne Beete abgeteilt, auf denen die Pflanzen nach Wirkstoffgruppen zusammengefasst und nach Familien gegliedert angeordnet sind. Die Gruppen umfassen im Einzelnen: Ätherische Öle, Alkaloide, Saponine, Schleime, Öle, Bitterstoffe, Gerbstoffe und Glykoside. Eine Sonderabteilung zeigt Arten mit unterschiedlichen Inhaltsstoffen, die in der Homöopathie und Volksmedizin häufig verwendet werden. Für die gärtnerische Pflege zeichnet das städtische Gartenamt verantwortlich.

Duft- und Tastgarten
Eine Besonderheit ist der ebenfalls 1992 angelegte Duft- und Tastgarten mit seinen Hochbeeten und der Beschilderung in Braille- und Tastschrift. Hier wächst eine Auswahl von rund 50 Heilpflanzen, die sich durch besonders charakteristische Strukturen oder besonders intensive Duftnoten auszeichnen: Schachtelhalm etwa und Rosmarin, Eukalyptus und Minze, Stechapfel und Eibisch. Dies ermöglicht auch Menschen mit Mobilitäts- oder Seheinschränkungen ein genussvolles Pflanzenerlebnis.

Ein lebendiger Ort der Begegnung
2016 erhielt das barocke Anatomiegebäude einen modernen Erweiterungsbau mit einem Museumscafé. Damit wandelte sich auch der Charakter des Arneipflanzengartens. Aus der früher beworbenen „Oase der Stille am Rande der Altstadt” wurde ein lebendiger Ort der Begegnung. Was sich erhalten hat, ist die besondere Atmosphäre des einstigen „Hortus medicus”.

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